VATM & Co: Verbände fordern klare Bedingungen: Offener Brief für einen flächendeckenden Glasfaserausbau im Wettbewerb

Köln/Berlin, 24.04.2018 - Sehr geehrter Herr Bundesminister,die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Ministerrat und EU-Kommission zur Überarbeitung des EU-Telekommunikationsrechtsrahmens (TK-Kodex) befinden sich in der entscheidenden Phase. Die neue Richtlinie wird das deutsche Telekommunikationsgesetz

(TKG) grundlegend verändern und stellt somit die Weichen für Erfolg oder Scheitern des wettbewerblichen Glasfaserausbaus in Deutschland und damit auch für die Erreichung der Ziele des Koalitionsvertrages.

Wir begrüßen den jüngsten Vorstoß der EU-Kommission, einen Kompromiss bei zentralen Streitpunkten zwischen EU-Parlament und Ministerrat zu erreichen. Konkret geht es dabei zum einen um die Frage, ob und wie weit nicht marktbeherrschenden Telekommunikationsnetzbetreibern, entgegen dem seit der Liberalisierung bewährten Ansatz der asymmetrischen Regulierung, erstmals Verpflichtungen auferlegt werden sollen (Art. 59 Abs. 2 TK-Kodex). Zum anderen geht es darum, ob die Deutsche Telekom mit ihren Wettbewerbern ernsthaft beim Glasfaserausbau zusammenarbeiten muss, um ihrerseits von Regulierungserleichterungen zu profitieren, oder ob sie ihr im Zweifelsfalle bedingungslos und pauschal als „Regulierungsferien“ gewährt werden (Art. 74 TK-Kodex).

Im Hinblick auf die Ziele des Koalitionsvertrages bitten wir Sie daher eindringlich, im Ministerrat auf einen Kompromiss zu dringen, der auch in Deutschland den Netzinfrastrukturwechsel vom alten Kupfer-Telefonnetz zur Glasfaser und damit den Glasfaserausbau bis in die Gebäude erleichtert. Basierend auf dem jüngsten Vorschlag der EU-Kommission sind hierfür aus unserer Sicht folgende Punkte von besonderer Bedeutung:

- Art. 59 Abs. 2 TK-Kodex (symmetrische Regulierung):

o Beibehaltung der positiven Elemente: Abwehrmechanismen, Vorrang der asymmetrischen Zugangsregulierung, keine Ausnutzung durch marktbeherrschende Unternehmen

o Löschung aller unklaren Rechtsbegriffe, um den Anwendungsbereich auf Infrastrukturengpässe zu begrenzen

o Alternativ: Löschung von Art. 59 Abs. 2 TK-Kodex Die Versäumnisse beim DigiNetzG dürfen sich auf keinen Fall wiederholen oder gar ausgeweitet werden.

- Art. 74 TK-Kodex (Ko-Investitionen/Kooperationen beim Glasfaserausbau): Vereinfachung und Ausrichtung auf folgende Mindestbedingungen:

o Beidseitig getroffene verbindliche Vereinbarungen für einen gemeinsamen Glasfaserausbau statt einseitiger Angebote oder Absichtsbekundungen des marktbeherrschenden Unternehmens, welche letztlich pauschalen „Regulierungsferien“ gleichkommen würden

o Jederzeit fairer, angemessener und diskriminierungsfreier Zugang zu den neuen Glasfasernetzen bis in die Gebäude für Nachfrager (Open Access)

o Breite Marktakzeptanz, überprüfbar durch Streitbeilegungsverfahren bei der Bundesnetzagentur

o Nachhaltige und effektive Sicherung eines funktionsfähigen Wettbewerbs

o Alternativ: Löschung des gesamten Art. 74 TK-Kodex

In jedem Fall sollte Deutschland dringend im Ministerrat auf eine Annäherung an das EUParlament und die EU-Kommission hinwirken. Dabei setzen wir auf Ihre Unterstützung.


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